Gleich zwei Konferenzen über die Bedeutung von Mikroorganismen für die Landwirtschaft veranstalten heuer das AIT und die ÖGMBT: die neue Food System Microbiomes International Conference und die bestens etablierte miCROPe
Vom 14. bis 17. Mai veranstalten das Austrian Institute of Technology (AIT) und die Universität Turin mit mehreren Partnern, darunter der Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie (ÖGMBT), die erste Food System Microbiomes International Conference. Laut Angela Sessitsch, der Leiterin der Competence Unit Bioresources am AIT, geht es um eine ganzheitliche Betrachtung der Rolle von Mikrobiomen im Lebensmittelsystem, vom Acker bis zur menschlichen Verdauung sowie zur Verwertung allfälliger Abfallmaterialien. „Das sehen wir uns in allen Facetten an, beginnend mit der pflanzlichen und tierischen Produktion bis zu den Gesundheitsaspekten“, berichtet Sessitsch. Ihr zufolge spielen Mikrobiome, also Lebensgemeinschaften von Mikroorganismen, in all diesen Bereichen eine wichtige Rolle, „sei es, was die Nachhaltigkeit anbelangt, was die Gesundheit betrifft, und auch, was die Effizienz der Nahrungsmittelproduktion angeht“. Bereits etablierte Konferenzen nehmen üblicherweise spezifische Aspekte dieses Themenkomplexes in den Blick. Die Food System Microbiomes International Conference dagegen soll ein Gesamtbild vermitteln. Laut Sessitsch findet die Konferenz unter der Ägide der MicrobiomeSupport Association statt. Dabei handelt es sich um eine Ende 2023 gegründete Gesellschaft, die sich mit der Rolle von Mikrobiomen in Lebensmittelsystemen beschäftigt. Mitglieder der MicrobiomeSupport Association sind wissenschaftliche Einrichtungen ebenso wie Unternehmen. Die Gesellschaft entstand im Zuge einer von Sessitsch geleiteten Coordination & Support Action der EU. Beteiligt waren neben europäischen Einrichtungen auch Institutionen aus Kanada, Australien, den USA, China, Indien, Neuseeland, Brasilien, Argentinien und der Republik Südafrika. „Das Ganze war sehr international ausgerichtet, und das soll auch die MicrobiomeSupport Association sein“, konstatiert Sessitsch. Die Konferenz in Turin wiederum dient nicht zuletzt dazu, die Gesellschaft in der fachspezifischen Öffentlichkeit bekannt zu machen. Stattfinden soll diese im Zweijahresrhythmus: „Aber das müssen wir in der Generalversammlung beschließen, die während der Turiner Konferenz stattfindet.“Behandelt werden heuer unter anderem Mikrobiome und die Düngemittelkrise, Antibiotikaresistenzen, CO2Emissionen, Fragen der Lebensmittelqualität, Mikrobiome, die die menschliche Gesundheit beeinflussen, sowie die Herstellung und die Haltbarmachung von Lebensmitteln. Den Abschlussvortrag hält Karel Callens, Senior Advisor in der Food Systems and Food Safety Division der Food and Agriculture Organization (FAO), der Ernährungs und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Sessitsch zufolge handelt es sich um einen „Schlüsselvortrag“ der Konferenz: „Die Teilnahme von Herrn Callens zeigt, dass die Thematik auch für die FAO von hoher Relevanz ist.“
Organisatorisch auf Schiene
Organisatorisch gesehen, ist die Food System Microbiomes International Conference laut Sessitsch bereits weitgehend auf Schiene, nicht zuletzt dank der Unterstützung durch die ÖGMBT. Persönliche Mitglieder der ÖGMBT erhalten einen Rabatt auf die Teilnahmegebühr. Institutionen und Firmen, die Mitglieder der ÖGMBT sind, wird ein Rabatt auf die Ausstellungsgebühren gewährt. Die Federation of European Microbiological Societies (FEMS) bietet Forschenden am Beginn ihrer Karriere Reisestipendien. Für junge Wissenschaftstreibende ist die Konferenz laut Sessitsch attraktiv, „weil das ein Wachstumsbereich in der Forschung ist. Wir haben bewusst sehr niedrige Teilnahmegebühren für junge Forschende. Und natürlich gibt es auch Posterpreise und Ähnliches“.
Zum fünften Mal miCROPe
Fast auf den Tag genau zwei Monate nach der Food System Microbiomes International Conference, nämlich vom 15. bis 18. Juli, halten das AIT und die ÖGMBT in Wien die bestens etablierte Fachtagung „Microbeassisted crop production“ („miCROPe“) ab. Wie 2015, 2017, 2019 und – pandemiebedingt – 2022 befasst sie sich auch heuer wieder mit der Anwendung von Mikroorganismen zur quantitativen Steigerung sowie zur qualitativen Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion. Sessitsch zufolge ist das Programm fertiggestellt, die Registrierung ist angelaufen. Die Ausrichtung der miCROPe besteht nach wie vor in einem „Brückenschlag zwischen der Grundlagenforschung und den Anwendungen“. Etwa 25 Prozent der Teilnehmer stellen Unternehmen, die die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft schätzen. Zu den Hauptthemen gehört diesmal die Rolle von Mikroorganismen für die Qualität von Lebensmitteln sowie Data Sciences. Laut Sessitsch werden in den Data Sciences „immer mehr Präzisionstools entwickelt. Und für diese Tools kann man auch Mikrobiomdaten nutzbar machen, z. B. für landwirtschaftliche Anwendungen“. Gewissermaßen bereits „Tradition“ haben die „Satellite Workshops“ im Umfeld der miCROPe. Heuer gibt es drei davon. Sie befassen sich mit der gezielten Nutzung von Interaktionen zwischen Mikroben und Pflanzen bei der Pflanzenzucht, mit fortgeschrittenen Mikroskopietechniken sowie mit regulatorischen Aspekten. Ebenso wie bei der Food System Microbiomes International Conference ist die Teilnahme an der miCROPe für ÖGMBTMitglieder verbilligt. Institutionen und Firmen, die Mitglieder der ÖGMBT sind, erhalten auch bei der miCROPE einen Rabatt auf die Ausstellungsgebühren. Überdies gewährt die FEMS jungen Forschenden auch für diese Konferenz Reisestipendien.
Interesse ungebrochen
Sessitsch zufolge ist das Interesse für Boden und Pflanzenmikrobiome und deren große Bedeutung für Agrosysteme ungebrochen. Solche Lebensgemeinschaften von Mikroorganismen erfüllen vielfältige und wichtige Funktionen für ihre „Wirte“. Unter anderem unterstützen sie Funktionen wie die Nährstoffbereitstellung, die Pflanzengesundheit, die Stresstoleranz sowie die Eindämmung von Krankheitserregern und Schädlingen. Ein vertieftes Verständnis für das Interagieren von Mikroorganismen und Pflanzen könne folglich dazu beitragen, neue Anwendungen für die Verbesserung der Pflanzenzucht zu entwickeln und Alternativen zu angelegentlich als problematisch betrachteten chemischen Pflanzenschutzmitteln bereitzustellen. Ungebrochen dürfte deshalb auch das Interesse an der miCROPe sein: Wie schon 2022 rechnet Sessitsch auch heuer wieder mit etwa 300 bis 320 Teilnehmern.
www.foodsystemsmicrobiomes.org
www.micrope.org
www.oegmbt.at
www.ait.ac.at
Published in Chemiereport 01/2024