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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Große Bandbreite und doch viele Gemeinsamkeiten

on 21 December, 2023

Erstmals ordnete man die thematische Vielfalt der ÖGMBT-Jahrestagung in zwei Stränge: einen für die unterschiedlichen Fachrichtungen und einen für die verschiedenen Technologien. Auch das Networking kam nicht zu kurz.

Jörg Menches Werdegang spiegelt vie-es von dem wider, was die Molekularen Biowissenschaften heute prägt: Studium der Physik, Promotion am Max-Planck-Institut dann Postdoc am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, wo er das Handwerk der Netzwerk-Theorie erlernt hat, das er nun auf Probleme aus der Systembiologie anwendet. Denn dort kann sie gute Dienste leisten, um das komplexe Wechselspiel von Entitäten unterschiedlicher hierarchischer Stufen – Molekülen, Zellen, Organen – zu entwirren. In seinem Plenarvortrag auf der diesjährigen ÖGMBT-Jahrestagung stellte Menche, der heute an den Max Perutz Labs in Wien forscht, Netzwerke als wichtiges Werkzeug der Biologie vor, weil sie einerseits hoch-intuitive qualitative Beschreibungen, andererseits aber auch eine Fülle an quantitativen Werkzeugen zur Verfügung stellen. Gelingt es damit, Störungen auf molekularer Ebene mit ihren phänotypischen Manifestationen zu korrelieren, wäre man einem tieferen Verständnis von Gesundheit und Krankheit ein schönes Stück nähergekommen. Das diesjährige „ÖGMBT-Gipfeltreffen“ fand von 19. bis 21. September an der Paris-Lodron-Universität Salzburg statt. Das Vorbereitungskomitee unter dem Vorsitz von Nikolaus Fortelny – wie Menche auf dem Gebiet der Computational Biology tätig – ordnete das große Themenspektrum in zwei großen „Tracks“ an: Im ersten kamen die unterschiedlichen Subdisziplinen der Life Sciences zu Wort (von Mi krobiologie und Tumorimmunologie über Stammzellen- und Allergieforschung bis hin zur Erforschung seltener Erkrankungen), während es im zweiten um jene Technologien ging, die quer über die einzelnen Forschungsgebiete hinweg die Möglichkeiten dessen, was sich sagen lässt, immer weiter ausdehnen: Hier waren computerunterstützte Methoden ebenso zu Hause wie präzise Omics-Profilierung in Einzelzellen, Nanomedizin ebenso wie Biophysik und Organoid-Modelle und natürlich das allgegenwärtige „maschinelle Lernen“ – auch für die Biowissenschaften eine wegweisende Technologie. Neu in diesem Jahr war, dass die Gewinner der Life Science Research Awards ihre prämierten Forschungsarbeiten nicht im Zuge der „Award Ceremony“, sondern – unter dem Titel „Rising Star Lectures“ – im Tagungsprogramm präsentierten. „Unser Ziel war, damit die exzellenten Arbeiten und die Forschenden dahinter noch sichtbarer zu platzieren, was gut gelungen ist“, findet ÖGMBT-Geschäftsführerin Alexandra Khassidov.

 

Den wissenschaftlichen Nachwuchs abgeholt

Insgesamt ging man in diesem Jahr noch weiter auf die jüngeren Forschergenerationen zu. „Die ÖGMBT möchte den wissenschaftlichen Nachwuchs schon im früheren Stadium ‚abholen‘ und ihm Zugang zur Life Science Community gewähren“, sagt Khassidov. Diesem Ziel entsprach man beispielsweise dadurch, dass Masterstudierende erstmals von den Registrierungsge-
bühren befreit waren. Fortelny, der auch neuer Leiter der ÖGMBT-Zweigstelle NORD ist, meint dazu: „Das wurde eingeführt, da diese Mitglieder oft noch keine Forschungsergebnisse haben und sich daher nicht für Reisekostenzuschüsse bewerben können, aber dennoch erheblich von der Konferenz profitieren können.“ Und Khassidov ergänzt: „Es hat sich gezeigt, dass auch Bachelor-Studierende Interesse hätten. Deshalb wird dieses Angebot ab 2024 auch auf diese Zielgruppe ausgeweitet. Voraussetzung ist die Mitgliedschaft bei der ÖGMBT.“ Von jungen Wissenschaftlern in der ÖGMBT ist auch die Bottom-up-Initiative YLSA getragen, deren Ziel es ist, ein Netzwerk unter den Nachwuchsbiowissenschaftlern zu etablieren. Auch diesmal bespielte die YLSA wieder eine eigene Session, die Einblicke in ihre Aktivitäten gab. Viele junge Wissenschaftler präsentierten ihre Arbeit in Vorträgen und mit Postern. Für die besten Beiträge vergab die ÖGMBT Auszeichnungen, gesponsert von Microsynth Austria und dem FEBS Open Bio – Open Access Journal. Eine eigene PhD-Session war speziell für Nachwuchswissenschaftler reserviert, die hier die Chance hatten, ihre Dissertationen der österreichischen Forschungslandschaft vorzustellen.

 

So ein breites Themenspektrum

Mehrere Sessions waren speziellen Themengruppen gewidmet: So referierten Experten vom Ludwig- Boltzmann-Institut für digitale Gesundheit und Prävention über globale Gesundheitsinformatik und betonten zugleich die Bedeutung von Gesundheitsdaten-Governance und Datenschutz im Gesundheitsbereich. Die Lunaphore Technologies SA (das Schweizer Unternehmen entwickelt Technologien zur Unterstützung der „Spatial Biology“) informierte in einem „Company Wokshop“ über räumliche Zellprofilierung mit Hyperplex-Immunfluoreszenz. Die vorgestellte Software unterstützt die schnelle Erfassung präziser Einzelzellendaten für individuelle Nachfolgeanalysen. Eine Fachausstellung im Foyer war Plattform für mehr als 30 Unternehmen, ihre aktuellen Produkte und Dienstleis-tungen aus den Life Sciences dem Fachpublikum zu präsentierten, und informierte über aktuelle Trends und technologische Entwicklungen. Zusätzlich hatten Besucher die Möglichkeit, am Aussteller-Quiz teilzunehmen und Preise von den jeweiligen Ausstellern zu gewinnen.Nicht zu kurz kam wie gewohnt auch das Netzwerken und die persönliche Interaktion zwischen den Teilnehmern. Dazu trugen „kreative“ Pausen zwischen den Vortragssträngen ebenso bei wie der von den Ausstellern gestaltete Abend „Wine & Science“ oder ein Stadtspaziergang über den Mönchsberg inklusive Einkehr beim Heurigen mit viel Raum für Gespräche. „Große thematische Bandbreite und doch viele Gemeinsamkeiten“ – so fasst Khassidov, angesprochen auf ihr Resümee, die nunmehr 15. Austragung der ÖGMBT-Jahrestagung zusammen. „Das Event ist sowohl für den wissenschaftlichen Nachwuchs attraktiv, um sich einen Überblick zu verschaffen und Kontakte zu knüpfen, als auch für innovative Forschungsgruppen, die sich disziplinen-übergreifend über neueste Erkenntnisse und Technologien austauschen können.“

Der Termin der nächsten Jahrestagung steht bereits fest: 17. bis 19. September 2024 am ReSoWi Zentrum in Graz.

Published in Chemiereport 08/2023