Die Fachtagung „Microbe-assisted crop production“ (Micrope) war auch heuer wieder ein großer Erfolg. Bei der Veranstaltung arbeiten das Austrian Institute of Technology und die Österreichische Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie eng zusammen.
Sie war auch heuer ein großer Erfolg: die Fachtagung „Microbe-assisted crop production“ (Micrope, in „Corporate-Indentity“-Schreibweise „miCROPe“), die kürzlich in der Orangerie und im Apothekertrakt von Schloss Schönbrunn statt fand – bereits zum vierten Mal nach 2015, 2017 und 2019. Etwa 320 Fachleute besuchten die Veranstaltung, davon rund 25 Prozent aus der Wirtschaft sowie 37 Prozent aus dem studentischen Bereich. Die Micrope befasst sich im Wesentlichen mit der Anwendung von Mikroorganismen zur quantitativen Steigerung sowie zur qualitativen Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion. Unter anderem können Mikroben als biologischer Dünger dienen. Sie werden aber auch eingesetzt, um Pflanzen resistenter gegen Trockenheit und andere Stressfaktoren zu machen. Ferner befasst sich die Micrope mit der Abwehr von Schädlingen sowie mit der Kontrolle von Pflanzenkrankheiten. Weitere Themen der Veranstaltungsreihe sind neue Erkenntnisse zur Interaktion zwischen Pflanzen und Mikroben, aber auch der Brückenschlag zur industriellen Landwirtschaft. Nicht Gegenstand der Micrope war und ist der Bereich der Gentechnik in all seinen Facetten, stellt deren Gründerin und Organisatorin Angela Sessitsch klar: „Es geht ausschließlich um nutzbringende Interaktionen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen.“
Stichwort Interaktion: Die Interaktion zwischen Wissenschaft und Wirtschaft war laut Sessitsch einer der Gründe, die Micrope ins Leben zu rufen: „Es gibt kaum Konferenzen in diesem Bereich, bei denen einerseits der aktuelle Stand der Wissenschaft präsentiert wird und andererseits anwendungsorientierte Fragestellungen zur Sprache kommen. Diese Nische wollten wir füllen. Und das Konzept kommt offenbar gut an.“ Sessitsch, die Competence Unit Bioresources am Austrian Institute of Technology (AIT) leitet, arbeitet bei der Micrope eng mit der Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie (ÖGMBT) zusammen, deren Präsidentin sie vormals war und deren Vizepräsidentin sie bis heute ist. Das AIT kümmert sich um das Programm, die ÖGMBT um die organisatorischen Belange. Sessitsch zufolge stand lange Zeit infrage, ob es möglich sein würde, die Micrope heuer wieder als Präsenzveranstaltung abzuhalten. Die letztendliche Entscheidung für dieses Format erwies sich indessen als richtig. Nennenswerte Probleme mit der nach wie vor keineswegs überwundenen COVID-19-Pandemie gab es nicht. Sämtliche angemeldeten Teilnehmer waren präsent. Überdies verzeichneten Sessitsch und das Organisationsteam der Micrope eine Reihe von Onsite-Registrierungen: „Wir haben den Hunger nach persönlichen Treffen und Diskussionen gespürt. Die Vorträge waren exzellent, das Wetter war herrlich. Es hat einfach alles zusammengespielt. Und für viele Teilnehmer war es die erste Konferenz nach anderthalb oder zwei Jahren.“ Zufrieden zeigten sich laut Sessitsch auch die Sponsoren: „Wir haben durchwegs gutes Feedback bekommen. Die Stimmung war sehr positiv.“
Problemfeld Bodenverlust
Bei der heurigen Micrope behandelt wurden unter anderem Ansätze zum besseren Verständnis der „klassischen“ Interaktionen zwischen Mikroben und Pflanzen. Weiters ging es um Bodenmikrobiologie und Bodenmikrobiome, ein Thema, das laut Sessitsch zunehmend an Bedeutung gewinnt: „Wir leben ja leider in einer Zeit massiven Bodenverlustes. Das betrifft einerseits die Flächen als solche, andererseits aber auch die Bodendiversität.“ Die Konsequenzen sind schwerwiegend, warnt die Wissenschaftlerin: „Bodenmikroorganismen sind extrem wichtig für die Ökosysteme, für die Pflanzenproduktion und für deren Nachhaltigkeit.“ Weitere Vorträge beschäftigten sich mit der Komplexität der natürlichen Gemeinschaften von Mikroorganismen, sowohl im Boden als auch in den Pflanzen.
Thema war ferner, wie Pflanzen auf bestimmte Mikroorganismen reagieren, etwa, wie sich mit ihrer Hilfe der Ertrag landwirtschaftlich genutzter Pflanzen steigern lässt, aber auch, wie deren quasi „inhaltliche Qualität“ verbessert werden kann, beispielsweise durch einen höheren Gehalt an Vitaminen und Nährstoffen. Sessitsch zufolge handelt es sich dabei um „ein neues Thema, das sicherlich im Kommen ist“. Darüber hinaus befasste sich die heurige Micrope mit einer Reihe von Anwendungen wissenschaftlicher Forschungsergebnisse im kommerziellen Sektor. Eine brasilianische Kollegin etwa schilderte ihre Erfahrungen mit stickstoffakkumulierenden Mikroben in Zuckerrohr- und Maispflanzen. Ein anderer Vortrag beschäftigte sich mit Möglichkeiten der Kontrolle und Eindämmung einer weit verbreiteten Krankheit, die Zitruspflanzen befällt.
Zusammenhänge im Lebensmittelsystem
Sessitschs eigene Session hatte das Thema „Plant microbiomes in the food system“ zum Inhalt. Einige der dabei gehaltenen Vorträge fokussierten auf die Verbesserung der inhaltlichen Qualität von Pflanzen, darunter nicht zuletzt ihres Vitamin- und Nährstoffgehalts. Wichtig sind derartige Fragestellungen nicht zuletzt, weil der Mensch mit der pflanzlichen Nahrung stets einen Teil der darin enthaltenen Mikroorganismen aufnimmt. Diese können sich in seinem Darm ansiedeln und dort er wünschte, aber auch unerwünschte Wirkungen entfalten. Laut Sessitsch ging es aber auch um das Lebensmittelsystem im Allgemeinen. Üblicherweise erfolge eine eher „sektorale“ Betrachtung: „Man schaut sich die Pflanzenproduktion an und separat davon, wie sich die Ernährung auf die menschliche Gesundheit und das menschliche Mikrobiom auswirkt. Aber das hängt natürlich alles miteinander zusammen. Wie ein Boden bewirtschaftet wird, wie Pflanzen und Tiere produziert werden, spielt einfach eine Rolle für die menschliche Gesundheit und dafür, wie unser Darmmikrobiom aussieht. Diese Zusammenhänge haben wir in der Session thematisiert.“
Auf Wiedersehen in zwei Jahren
Geplant ist, die nächste Micrope in zwei Jahren abzuhalten, und das aller Voraussicht nach wiederum als Präsenzveranstaltung am „traditionellen“, bestens bewährten Standort Schönbrunn. Eine hybride Konferenz wäre demgegenüber erheblich aufwendiger und schwieriger zu kalkulieren. Abgesehen vom hohen technischen Aufwand wird auch für eine hybride Veranstaltung ein Konferenzort benötigt. Nimmt jedoch jemand nur „virtuell“ teil, ist seine Bereitschaft, die reale Konferenzgebühr zu erlegen, verständlicherweise begrenzt. „Außerdem haben wir gesehen, wie wichtig es den Teilnehmern ist, einander persönlich zu treffen“, resümiert Sessitsch.
www.micrope.org
www.oegmbt.at
www.ait.ac.at
Published in Chemiereport 06/2022