"Das muss man erst verdauen", "stößt sauer auf" oder "läuft über die Leber" sind mehr als nur umgangssprachliche Redewendungen - Die Verdauung bestimmt über unsere Laune, die Emotionen und Gesundheit. Foto: (c) S.Ressmann/pixelio.de
Der Verdauungstrakt ist nicht nur für Mikroorganismen ein beliebter Tummelplatz, sondern bietet auch der Wissenschaft ein breites Forschungsfeld. Die einen identifizieren Bakterien, die bei der Entstehung von Darmkrebs mitspielen; Petra Munda von der Medizinischen Universität Wien hat sich der "Darm-Hirn-Achse" verschrieben und Sandra Wallner-Liebmann untersucht an der Medizinischen Universität Graz den individuellen metabolischen Fingerabdruck des Speichels.
Der Mensch als wandelnde Bakterienkolonie
In und auf dem menschlichen Körper leben etwa zehnmal mehr Mikroorganismen, als wir eigene Zellen besitzen. Sie bilden das Mikrobiom. Allein im Darm sind rund hundert Billionen Bakterien angesiedelt. Viele dieser Keime sind nützlich und helfen zum Beispiel bei der Verdauung. Ein Ungleichgewicht zwischen „guten“ und „bösen“ Keimen kann aber nach heutigem Stand des Wissens u.a. bei der Entwicklung von Depressionen, Diabetes oder Stoffwechselerkrankungen eine Rolle spielen. „Das Mikrobiom beeinflusst viel mehr als bisher gedacht- unter anderem werden wir uns der Bedeutung der ‚Darm-Hirn-Achse‘ immer mehr bewusst“, erklärt Petra Munda, Expertin für Gastroenterologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien.
Darm als Ursprung von Depressionen
Der Magen-Darm-Trakt kommuniziert über mehrere Informationskanäle mit dem Gehirn: über Hormone, Immunbotenstoffe, sensorische Neurone, aber auch über Signale des Darmmikrobioms. Die Signale, die über diese Bahnen transportiert werden, haben Auswirkungen auf die Stimmungslage, Emotionen, den Appetit, aber auch auf kognitive Prozesse. Petra Munda: „Es gab ein sehr interessantes Experiment von kanadischen Forschern: Ängstlichen Mäusen wurde der Stuhl von mutigen Tieren übertragen. Danach waren sie mutiger. Auch Depressionen können ihren Ursprung im Darm haben.“
Musik als Therapie
Aber auch Stress beeinflusst das Mikrobiom ungünstig, wie kanadische ForscherInnen in einer aktuellen Studie zuletzt feststellten. Musik hat eine vielfältig eingesetzte Wirkung und Musiktherapie ist bei verschiedensten psychischen und physischen Erkrankungen gut etabliert. So wird zum Beispiel in der Bauchhypnose bei Reizdarmsyndrom immer entspannende Begleitmusik verwendet. Daher sind sich die MedUni Wien-ForscherInnen einig: „Auch wenn es derzeit keine aktuellen Studien dazu gibt, aber wir als Musikliebhaber sind uns sicher: Musik wirkt beruhigend auf Magen und Darm.“
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- Veröffentlicht: 07. Juni 2016


