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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Zwischen Erwartung und Befürchtung

on 12 July, 2018

Verschiedene Player der heimischen Wissenschaft versuchen derzeit, dem FWF den Rücken zu stärken, damit dessen Finanzierungspfad in den Budgetplänen der Regierung nicht zu kurz kommt.

Die Wissenschafts-Community setzt derzeit alle Hebel in Bewegung. Denn angesichts der Budgetplanung der Bundesregierung birgt die aktuelle Situation eine gewisse Dramatik in sich. Zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe stand noch nicht fest, was Finanzminister Hartmut Löger in seiner Budgetrede nun tatsächlich verkündet. Doch die bisherigen Signale nähren sowohl Erwartungen als auch Befürchtungen.
Klement Tockner, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, fasst die Ambivalenz der Lage so zusammen: „Einerseits ist das Regierungsproramm ambitioniert und zukunftsweisend. Man gewinnt den Eindruck, die Verantwortlichen wollen wirklich etwas bewegen.“ Doch gleichzeitig könnte drohen, dass manches davon aus budgetären Gründen im Moment (noch) nicht umgesetzt wird. Fixiert hat Bildungsminister Heinz Faßmann bereits die Aufstockung des Uni-Budgets um 1,35 Milliarden auf 11,07 Milliarden Euro für die Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021. Unklar ist dagegen, ob die von allen Parteien mitgetragene schrittweise Erhöhung des Finanzrahmens für den FWF auf DFG-Niveau (was etwa 300 Millionen pro Jahr bedeuten würde) im heurigen Budget verankert sein wird. „Man hat eine große Erwartungshaltung geschaffen, es wäre fatal, wenn dieser so zentrale Schritt jetzt doch nicht kommt“, so Tockner. Vor allem bei Nachwuchswissenschaftlern könnte dies zu einem nachhalti-gen Vertrauensverlust in den Wissenschaftsstandort Österreich führen. „Wir können heute pro Jahr rund  1.400 Wissenschaftle-rinnen und Wissenschaftler nicht finanzieren, obwohl sie sehr gut bis exzellent beurteilt worden sind“, so Tockner. Unzählige der besten Köpfe drohen abzuwandern. Ebenso fehle derzeit Geld, um den Forschungseinrichtungen zumindest 25 Prozent der mit einem FWF-Projekt verbundenen Overhead-Kosten zu ersetzen und in Kooperation zwischen Wissenschaftsrat und FWF ein echtes Exzellenzprogramm für Österreich aufzubauen.


Breite Unterstützung


Dem stimmt auch ÖGMBT-Vizepräsident Josef Glößl zu, der auch Vorsitzender der Delegiertenversammlung des FWF ist: „Wir dürfen Universitätsfinanzierung und Investition in die Grundlagenforschung nicht gegeneinander ausspielen lassen. Die Erhöhung der Uni-Budgets kommt ja kaum der Grundlagen-forschung, sondern insbesondere der auch dringend notwendigen Verbesserung der Betreuungsverhältnisse zwischen Lehrenden und Studierenden sowie dem Inflationsausgleich zugute.“ Wolle man zu den Ländern aufschließen, die als „Innovation Leader“ gelten, sei eine Erhöhung der kompetitiv vergebenen Mittel für die Grundlagenforschung unbedingt erforderlich.
„Der FWF und seine Projektförderungen sind die Lebensader der Forschung in Österreich. Es ist vollkommen klar, dass die Universitäten budgetär alleine nicht mehr in der Lage sind, Forschung auf internationalem Niveau zu finanzieren“, meint auch Lukas Huber, Professor an der Medizinischen Universität Innsbruck und Vizepräsident der ÖGMBT. Im Gegensatz zu beispielsweise Deutschland liege die Hauptlast der Forschungsförderung in einer einzigen Organisation in Österreich, nämlich im FWF. „Es gibt in Österreich keine zusätzlichen Programme der Ministerien und keine Stiftungen wie in Deutschland, um Grundlagenforschung zu unterstützen“, so Huber. Deshalb brauche der FWF einen sicheren und den Bedürfnissen des Landes angepassten Finanzierungspfad, sonst drohen wir international an Bedeutung zu verlieren.
Dass sich Universitäten und FWF nicht gegeneinander ausspielen lassen, zeigt auch eine Aussendung der Universitätenkonferenz Uniko. Darin bringt deren Vorsitzende, Eva Blimlinger, ihre Sorge über die ausstehende Absicherung zum Ausdruck, die dem FWF für die Jahre 2018 bis 2021 zugesagt wurde. „Es besteht die Gefahr, dass die Bundesregierung hier andere Prioritäten setzt und damit die Planungssicherheit des FWF gefährdet“, erklärte Blimlinger.


Hebelwirkung oder Mangelverwaltung?


Tockner verweist darauf, dass man dabei nicht nur auf westliche Länder wie die Schweiz oder Schweden blicken sollte, sondern auch auf unsere östlichen Nachbarn: „Tschechien gibt per Einwohner fast so viel für Grundlagenforschung aus wie Öster-reich. Slowenien ist schon darüber. Polen hat die Mittel in den vergangenen Jahren verdreifacht.“
2018 feiert der FWF, der 1968 auf der Grundlage eines Nationalratsbeschlusses geschaffen wurde, sein 50-jähriges Bestehen. Im September wird dazu das größte Wissenschaftsfestival im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in Wien stattfinden. „Dabei können wir nicht Stillstand und Mangelverwaltung fei-ern, sondern, dass wir stolz auf den FWF und seine Hebelwirkung sind“, bringt Tockner seine Hoffnungen auf den Punkt. In diesem Sinne will die Forschungs-Community dem Wissenschaftsminister in den laufenden Verhandlungen den Rücken stärken: „Wir haben Vertrauen in die Regierung, dass der versprochene Finanzierungspfad für den FWF auch eingehalten wird. Falls nicht, wäre das ein unglaublicher, nachhaltiger Vertrauensverlust“, so Tockner.

 

Original Kolumne 2/2018