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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Lebenszeichen der Lebenswissenschaften

on 12 July, 2018

Innsbruck war Austragungsort der diesjährigen ÖGMBT-Jahrestagung und prägte mit seinen Forschungsschwerpunkten die Inhalte der Tagung wesentlich mit.

Standen in der letzten Ausgabe (Chemiereport 7/2017, S. 48) die Preisträger der von der ÖGMBT vergebenen Life Science Research und PhD Awards im Mittelpunkt, soll diesmal auf das wissenschaftliche Programm der diesjährigen ÖGMBT-Jahrestagung zurückgeblickt werden. Zahlreiche Vertreter aller biowissenschaftlichen Disziplinen in Wissenschaft und Wirtschaft kamen von 25. bis 27. September am Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) in Innsbruck zusammen, um sich über die vorderste Front wissenschaftlicher Ergebnisse und methodischer Entwicklungen auszutauschen.


Dem Forschungsprofil des Standorts Innsbruck entsprechend stand das Generalthema „Molekulare und zelluläre Mechanismen der Krankheit beim Menschen“ über vielen der wissenschaftlichen Präsentationen. „Das Programm hat vorbildhaft das Thema der molekularen Grundlagen von Erkrankungen abgebildet. Das ist unser Thema hier in Innsbruck, schließlich sind wir die einzige österreichische Universität, die einen Bologna-konformen Studiengang in Molekularer Medizin anbietet“, meint dazu ÖGMBT-Vizepräsident Lukas Huber, der an der Medizinischen Universität Innsbruck die Abteilung für Zellbiologie leitet.
Gleich mehrere Vortragsstränge hatten heuer inter- und intrazelluläre Signalwege und ihre Rolle bei der Entstehung von Krankheiten zum Thema. Thomas Carell von der LMU München gab beispielsweise einen Überblick über die Verteilung modifizierter DNA-Basen und ihre Funktion bei der Steuerung der epigenetischen Programmierung einer Zelle. Florian Greten vom Institut für Tumorbiologie und Experimentelle Therapie (Georg-Speyer-Haus) in Frankfurt am Main sprach über jüngste Erkenntnisse zum Einfluss der Tumor-Mikroumgebung auf Transdifferenzierung und Metastasierung. Richard Marais beleuchtete die Erforschung neuer Behandlungsschemata gegen maligne Melanome. An Fragestellungen wie diese schlossen auch die Themenblöcke zur Translationalen Onkologie an.


Von der zellulären zur molekularen Ebene


Zur Rolle von Lysosomen bei der Krankheitsentstehung – einem Forschungs-Schwerpunkt des Biozentrums in Innsbruck – hielten Maria Mota (Instituto de Medicina Molecular, Portugal) und Andrea Ballabio (Telethon Foundation, IT) spannende Vorträge. Mota gab im Rahmen einer FEBS National Lecture neue Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen  dem Malaria-Parasiten und seinem menschlichen Wirt. Ballabio machte in seinem Vortrag klar, dass Lysosomen zentrale Organellen für die Regulation des zellulären Metabolismus sind und als Plattformen für unterschiedlichste Signalwege fungieren. Breiter Raum war auch der Stammzellen- und Regenerationsforschung gewidmet. Auch hier sind die Erkenntnisse zur epigenetischen Programmierung von Zellen von höchster Bedeutung, wie die Vorträge von Andreas Trumpp (Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg) und Alexander Meissner (Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, Berlin) zeigten. In einer Session zur RNA-Biologie war Alexander Mankin von der University of Illinois zu Gast, der über die kontextabhängigen Mechanismen von antibiotischen Wirkstoffen berichtete, die das Ribosom als Zielstruktur haben.
Bereits zur guten Tradition geworden ist, dass die Österreichische Biophysikalische Gesellschaft („Biophysics Austria“) ihr Jahresmeeting als Satellitenveranstaltung zur ÖGMBT-Tagung abhält, um den Austausch mit den anderen Biowissenschaften zu verstärken. In diesem Jahr wurden dabei Forschungsergebnisse zur Zell- und Membranbiophysik sowie zur Biophysik auf molekularer und supramolekularer Ebene vorgestellt. Das Biophysik-Meeting leitete zudem zu einem Strang mit Referaten aus der Strukturbiologie über. Nieng Yan (Tsinghua Universität, China) berichtete dabei, wie man mithilfe von Kryo-Elektronenmikroskopie ein strukturelles Verständnis für Calcium-Kanäle gewinnt und damit ultraschnelle Signal-Prozesse in Muskeln und Nerven verstehen lernt.


Satelliten um den ÖGMBT-Planeten


Im Rahmen einer von den „Young Life Scientists Austria“ organisierten Session wurden nicht nur die Aktivitäten der Jungforscherplattform in der ÖGMBT, sondern auch Highlights aus den FWF-finanzierten Innsbrucker Doktoratskollegs SPIN, HOROS und MCBO vorgestellt, die sich mit Signalverarbeitung in Nervenzellen, Wirtsabwehr bei opportunistischen Infektionen bzw. Molekularer Zellbiologie und Onkologie beschäftigen. Die Tiroler Standortagentur organisierte einen eigenen Themenblock zur Metabolomik, in der die Firma Biocrates, das Kompetenzzentrum ACIB und das Austrian Drug Screening Institute (ADSI) Methoden zur Erforschung der Vielzahl an Stoffwechselprodukten besprachen. Workshops zur praktischen Einübung biowissenschaftlicher Methoden wurden von der europäischen Molekularbiologie-Organisation EMBO sowie den Unternehmen Takara und Charles River abgehalten. Life Science Karriere-Services, Provadis Professionals und Sandoz stellten sich in „Career Corners“ vor. Das Foyer des CCB wurde von 38 Ausstellern sowie für die Abendveranstaltung „Wine & Science“ und „Tyrolean Get Together“ genutzt.
ÖGMBT-Vizepräsident Lukas Huber zieht eine überaus positive Bilanz der Veranstaltung. Die Tagung sei sehr gut organisiert gewesen, die internationalen Sprecher, aber auch die in Öster-reich tätigen Forscher und Nachwuchswissenschaftler hätten tolle Präsentationen gegeben. „Es war ein schönes Lebenszei-chen unserer Gesellschaft, und ich danke David Teis und seinem lokalen Organisationsteam für die Arbeit und Hingabe, die nötig waren, dieses Meeting als Highlight in der Landschaft der Life Sciences in unserem kleinen Land zu positionieren“, so Huber. Sein Resümee verbindet der Wissenschaftler aber auch mit einem Appell an die künftigen politischen Verantwortungsträ-ger: „Die Basis für exzellente Grundlagenforschung und Biotechnologie ist in Österreich vorhanden, wir brauchen jetzt nur von der neuen Regierung Treibstoff, sprich etwas mehr Geld für den FWF, um den eigentlich guten Boliden auch international erfolg-reich ins Rennen bringen zu können.“

 

Original Kolumne 8/2017