Die Sektion München des Deutschen Alpenvereins e. V. und das Institut für Geographie der Universität Innsbruck haben erstmals die Zusammenhänge verschiedener Faktoren zur nachhaltigen Bewirtschaftung alpiner Stützpunkte wissenschaftlich untersucht. Insgesamt knapp zweieinhalb Jahre dauerte dieses Projekt „Alpine Nachhaltigkeit auf Hütten – ANAH“, das von der Humangeographin Jutta Kister an der Universität Innsbruck geleitet wurde.
Mit dem Projekt ANAH wurden erstmals die Zusammenhänge verschiedener Faktoren im Spannungsfeld zwischen Bewirtschaftung alpiner Stützpunkte – Bergsport und Naturraum wissenschaftlich nach Aspekten der Nachhaltigkeit untersucht. Beteiligte Hütten waren: die Münchner Sektionshütten Albert-Link-Hütte (Spitzing), Höllentalangerhütte, Reintalangerhütte (beide Wetterstein), Taschachhaus (Pitztal) und Watzmannhaus (Nationalpark Berchtesgaden). Die ursprünglich ebenfalls beteiligte Franz-Senn-Hütte (Stubai) der Innsbrucker ÖAV-Sektion konnte aufgrund eines größeren Murenabgangs in Hüttennähe nicht in die finalen Untersuchungen eingebunden werden. Im Rahmen des Projektes wurde die Nachhaltigkeit der Gebäudeinfrastruktur, des Hüttenbetriebes und der Bergsportler*innen nach ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten untersucht.
Ein Leitfaden für Hütten
Die Ergebnisse werden ab Mitte 2022 in Form eines Leitfadens auch anderen Gastronomie- und Herbergsbetrieben bereitgestellt werden. Darin finden Hüttenwirte und Bergsportler/-innen Anregungen, Ideen und Handlungsempfehlungen für einen nachhaltigeren Betrieb sowie umweltbewussteres Verhalten zu und in den Bergen.
Jutta Kister, ANAH-Projektleiterin am Institut für Geographie der Universität Innsbruck, erklärt: „Wichtige Erkenntnisse aus den Erhebungen auf den ausgewählten Hütten sind:
– das erarbeitete Set an Indikatoren muss vor Ort anwendbar sein. Die Anwendbarkeit von Maßnahmen kann abhängig sein von Tektonik, Verfügbarkeit von Wasser, Sonnenstunden etc.
– und weiters war festzustellen, an welchen Themenfeldern auf den Hütten bereits intensiv gearbeitet wird und welche Themen noch zu wenig berücksichtigt werden.“
Wissenschaft im Dialog mit der Praxis
Auch Martin Coy, Leiter der Arbeitsgruppe für Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsforschung am Institut für Geographie betont die Bedeutung vor allem auch der praktischen Umsetzbarkeit: „Für unser Institut hat nicht nur das Thema Nachhaltigkeit einen sehr hohen Stellenwert, vor allem ist es uns ein großes Anliegen, mit Praxispartnern zusammenzuarbeiten. Insofern ist das Projekt ANAH in Kooperation mit der Sektion München und natürlich auch mit den Hüttenbetreiberinnen und -betreibern ein wichtiges Projekt, das wiederum verdeutlicht hat, dass Wissenschaft-Praxis-Dialoge für beide Seiten vorteilhaft sind und uns einen guten Weg in die Zukunft weisen können.“
Übertragbar auf andere Regionen
Die Ergebnisse dieses Projekts können daher generell für Hütten im Alpenraum von Interesse sein und wertvollte Anregungen liefern: „Den Aufenthalt in den Bergen so nachhaltig wie möglich zu gestalten, dafür liefern wir das Handwerkszeug. Und zwar für alle Bergsporttreibenden, den Hüttenpächterinnen und -pächtern sowie allen weiteren interessierten Akteuren“, sagt Roman Ossner, ANAH-Projektleiter bei der Sektion München des Deutschen Alpenvereins.
Ein “Rund-um-Blick” auf Hüttenbewirtschaftung
Im Rahmen von ANAH wurde ein eigenes Nachhaltigkeits-Monitoring-System entwickelt, das insgesamt 16 ökologische, ökonomische und soziale Ziele messbar macht. Mithilfe von sechs verschiedenen Messmethoden konnten so über 150 konkrete Maßnahmen definiert und beschrieben werden, aus denen detaillierte Aufgaben hergeleitet wurden.
Konkrete Beispiele:
• Im Bereich der Gebäudeinfrastruktur sind dies etwa die Umstellung zu einer vollständig autarken Energieversorgung, die Umstellung der Beleuchtung auf dimmbare Leuchtkörper, die dauerhafte Deaktivierung von Außenbeleuchtung außerhalb der Nutzungszeiten oder die Installation von Durchlaufbegrenzern bei Wasserhähnen und Duschen.
• Im Bereich des Hüttenbetriebs gibt es Möglichkeiten wie beispielsweise die CO2-Reduzierung beim Lebensmitteltransport durch den Wechsel auf regionale Versorger, der Bildung von Einkaufsgemeinschaften mit benachbarten Betrieben, den Einkauf in größeren Mengen oder eine Vermeidung nicht-saisonaler Früchte und Gemüsesorten. Ein weiterer Ansatz ist die Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien bei der Lebensmittelbeschaffung, also beispielsweise Fleisch aus extensiver Haltung und dem verstärkten Angebot vegetarischer und veganer Speisen. Auch die Schaffung sinnvoller Lager- und Transportkapazitäten sowie Maßnahmen zur Vermeidung von Plastik und Lebensmittelabfällen sorgen für verstärkte Nachhaltigkeit.
• Bergsportler*innen, die Alpenvereinshütten aufsuchen, können in erster Linie im Bereich der Mobilität Emissionen einsparen. Anreize können gesetzt werden, etwa durch Rabatte auf die Übernachtungspreise bei öffentlicher Anreise, dem Verleih von Bergsportausrüstung auf den Hütten, organisierten Gruppentouren mit öffentlicher Anreise, verbesserter ÖPNV-Kommunikation oder der Etablierung von Mitfahrbörsen über den DAV.
weitere Informationen:
Jutta Kister
Institut für Geographie
Universität Innsbruck
Tel.: +43 512 507 54018
Mail:This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.
Web: https://www.uibk.ac.at/geographie/personal/kister/
(GZ)
Quelle: Universität Innsbruck
Foto: (c) Yvonne Lesewa
Bei Rückfragen zum Artikel wenden Sie sich
bitte direkt an die im Artikel angegebene Kontaktadresse.
Der Beitrag Nachhaltigkeit auf Hütten und beim Bergsport erschien zuerst auf Jobbörse und Netzwerk für Naturwissenschaftler /-innen.
Read more https://life-science.eu/nachhaltigkeit-auf-hutten-und-beim-bergsport/