Ultraschall zur Behandlung von Gehirnkrankheiten

Wednesday, 10 February 2021 00:24

Ultraschall zur Behandlung von GehirnkrankheitenUltraschall kann nicht nur als bildgebendes Verfahren eingesetzt werden, sondern kann mit gezielten Ultraschallimpulsen eine Reihe an Gehirnerkrankungen, die bisher nur eingeschränkt therapierbar waren, punktgenau behandeln.
In den vergangenen Jahren wurden in Toronto und an der MedUni Wien revolutionäre Verfahren dieser Art entwickelt. Das Wiener Verfahren verbessert Hirnfunktionen, indem noch funktionierende Nervenzellen von außen aktiviert werden. Verbesserungen sind bei verschiedenen neuropsychiatrischen Hirnerkrankungen wie Alzheimer-Demenz, Parkinson, Schlaganfall, Multipler Sklerose oder Nervenschmerzen erwartbar. Eine von der MedUni Wien und der Universität Toronto gemeinsam veröffentlichten Übersichtsarbeit gibt an, dass diese neuen Therapien bereits an der Schwelle breiter Anwendung in der klinischen Praxis stehen.

Nervenzell-Stimulation TPS als ein echtes Plus für die klinische Praxis

In den vergangenen Jahren wurden neuartige Konzepte für die Ultraschall-Gehirntherapie entwickelt. Hochfokussierte Ultraschallwellen ermöglichen nun eine nicht-invasive Chirurgie, die fokale Übertragung von Therapeutika oder Genen an ausgewählten Stellen des Gehirns und die therapeutische Modulation neuronaler Netzwerke bei verschiedenen Gehirnerkrankungen. Laut Roland Beisteiner, unter dessen Leitung die neue Methode der transkraniellen Pulsstimulation mit Ultraschall (TPS) an der Universitätsklinik für Neurologie von MedUni Wien und AKH Wien entwickelt wurde, sind die neuartigen Ultraschall-Methoden kein „Entweder-Oder“, sondern ein echtes Plus für die klinische Praxis.

„Die in Wien und Toronto entwickelten Techniken stellen neuartige Zusatzoptionen dar, mit denen wir bereits etablierte Therapien ergänzen können. Die inzwischen publizierten Patient*innendaten zeigen, dass die transkraniellen Ultraschallinnovationen sicher und für eine breite klinische Anwendung bereit sind.“ – Roland Beisteiner

Breiter klinischer Roll-out in Sichtweite

Die unter Wiener Leitung von einem internationalen Konsortium entwickelte Nervenzell-Stimulation TPS wurde bereits Anfang 2020 in einem führenden Wissenschaftsjournal als Coverarbeit vorgestellt. Alzheimer-PatientInnen zeigten in dieser Pilotstudie über drei Monate anhaltende Verbesserungen. Der breite klinische Roll-out ist bereits angelaufen, erfordert besondere Fachexpertise:

„Die neue Therapie ist in kontinuierlicher wissenschaftlicher Entwicklung und erfordert von den BehandlerInnen besondere neurologische, methodische und Hirnfunktionskenntnisse.“ – Roland Beisteiner

TPS ist das einzige Verfahren, das auch tiefe Hirnregionen gezielt nicht-invasiv aktivieren kann. Daher sind alle Erkrankungen, bei welchen eine Rehabilitation gestörter Hirnfunktionen über Aktivierung noch funktionierender Nervenzellen möglich ist, Kandidaten für die neue Wiener Therapie. Für Alzheimertherapie ist TPS bereits zugelassen (CE Zertifizierung).

Toronto: Andere Technik, andere Ziele

Die beiden weiteren, von Studien-Coautor Andres Lozano an der Universität Toronto entwickelten, Methoden nützen ebenfalls Ultraschallwellen. Die gezielte nicht-invasive Chirurgie mittels Ultraschall ist bereits für essentiellen Tremor und tremordominantes Parkinsonsyndrom zugelassen.

Erstmals lassen sich Fehlfunktionen des Gehirns ohne Öffnung des Schädels durch gezielte Ausschaltung überaktiver Nervenzellen therapieren. Diese Methode, könnte in der Zukunft bei vielen neurologisch bedingten Bewegungsstörungen relevant sein.

Die dritte neuartige Ultraschall-Methode, die gezielte Arzneimittel-, Antikörper- oder Gentherapie, löst eine der großen Herausforderungen der Neurologie, indem sie erstmals die lokale Öffnung der Blut-Hirn-Schranke nicht-invasiv ermöglicht.

„Durch das Überwinden dieser Barriere ist nun erstmals die gezielte Abgabe von Therapeutika und Genen in betroffenen Gehirnarealen möglich. Damit lassen sich potenziell all jene Gehirnerkrankungen behandeln, bei denen man mit Medikamenten gut lokal eingreifen kann, so zum Beispiel Tumor- und motorische System-Erkrankungen.“ – Roland Beisteiner

 

Literatur:
Beisteiner R, Lozano A. Transcranial ultrasound innovations start broad clinical application (2020) Advanced Science doi.org/10.1002/advs.202002026

Anfragen zur Teilnahme an Studien:
Die neuen Ultraschalltherapien werden im Rahmen von Studien sowie an verschiedenen Therapiezentren angeboten. Da es sich aber um hochkomplexe Verfahren handelt, erfordern sie eine umfangreiche Abklärung der Patientinnen und Patienten und ausgewiesene neurowissenschaftliche Expertise für die Behandlungsdurchführung.

Kontakt:
Prof. Dr. Roland Beisteiner
Medizinische Universität Wien
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www.meduniwien.ac.at

 

(LB)
Quelle: Medizinische Universität Wien
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