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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Forschung, die Spuren hinterlässt

on 12 July, 2018

Die im Zuge der ÖGMBT-Jahrestagung vergebenen Life Science Research und PhD Awards zeigen die große Bandbreite und hohe Qualität biowissenschaftlicher Forschung in Österreich.

Fixer Bestandteil der ÖGMBT-Jah-restagung, die heuer von 25. bis 27. September in Innsbruck stattfand, ist die Verleihung der Forschungs- und Dissertationspreise der Gesellschaft. „Es ist schön zu sehen, was Forschungsinsti-tutionen hierzulande zustande bringen“, freute sich anlässlich der Award Ceremony Gastgeber und ÖGMBT-Vizepräsident Lukas Huber, Professor für Zellbiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Huber betonte aber auch die Kontinuität der Preisvergabe und bedankte sich diesbezüglich bei allen Sponsoren, die dies möglich gemacht haben. Sowohl Dissertations- als auch For-schungspreise werden jeweils in einer Kategorie für die  Grundlagenforschung und in einer Kategorie für die angewandte Forschung vergeben. Die Preisgelder des nun „Life Science Research Award Austria“ benannten Forschungspreises wurden heuer erstmals vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) gestiftet. Dabei wurde in besonderer Weise des im Jänner verstorbenen Peter Schintlmeister, Mitarbeiter in der Abteilung für technisch-wirtschaftlich Forschung, gedacht, der sich viele Jahre mit vollem Engagement für die Life Sciences eingesetzt hat. Die Leiterin der Abteilung, Ulrike Unterer, nahm seitens des BMWFW die Preisübergabe vor und betonte die zahlreichen Aktivitäten des Ministeriums auf dem Gebiet der Biowissenschaften, die nicht zuletzt in die im November 2016 präsentierte Life Sciences-Strategie mündeten.

 

Von Epigenetik bis CRISPR


In der Kategorie Grundlagenforschung erhielt Sabrina Ladstätter den Zuschlag der von Joachim Seipelt  geleiteten Jury. Ladstätter erforscht als Postdoc bei Kikue Tachibana-Konwalski am Institut für Molekulare Pathologie (IMBA) in Wien die molekulargenetischen Vorgänge während der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle zur Zygote, dem Einzeller-Stadium eines Embryos. Dabei findet eine Reprogrammierung des männlichen Genoms statt, um die epigenetische Stilllegung von Genen zu löschen und eine totipotenten Zygote zu ermöglichen, die sich in alle Arten von Körperzellen ausdifferenzieren kann. In einer Publikation, die in der renommierten Fachzeitschrift  „Cell“ veröffentlicht wurde, berichteten Ladstätter und Tachibana-Konwalski über die Entdeckung eines bisher nicht bekannten Kontrollmechanismus. Dieser besteht in der Reparatur von DNA-Schäden, die während der Reprogrammierung entstanden sind, und in der Aktivierung eines neuartigen Checkpoints, falls diese Reparatu-ren fehlgeschlagen sein sollten. Auf diese Weise wird die Entwicklung eines geschädigten Embryos verhindert.


Mit dem Life Science Research Award für angewandte Forschung zeichnete die von Lukas Mach geleitete Jury Paul Datlinger aus, der am Center for Molecular Medicine (CeMM) in Wien forscht. Er veröffentlichte in „Nature Methods“ eine Methodik, die CRISPR-Screens mit Einzelzell-Sequenzierung verbindet. In sogenannten gepoolten CRISPR-Screens werden in einer großen Zahl von Zellen viele einzelne Gene inaktiviert, darauf folgt ein Selektionsprozess.  Derartige Screens betrachten aber nur die Dynamik der Guide-RNAs vor und nach der Selektion und liefern somit keine Informationen über die Prozesse innerhalb der Zellen. Die Kombination mit der Einzelzell-Sequenzierung erlaubt, erstmals umfassende Genexpressions-Informationen aus einem gepoolten genetischen Screen zu erhalten. Datlinger konnte die erfolgreiche Anwendung der „CROP-seq“ benannten Methodik an T-Zellen demonstrieren. Das hohe Anwendungspotenzial zeigt sich auch daran, dass mittlerweile bereits an 35 Forschungseinrichtungen weltweit damit gearbeitet wird.


Von Proteinforschung bis Nanotechnologie


Das Biotechnologie-Unternehmen Polymun ist bereits seit vielen Jahren Sponsor des PhD-Grundlagenforschungspreises. In diesem Jahr konnte unter den einreichenden Jungforschern Beata Mierzwa die Jury am meisten überzeugen. Mierzwa arbeitet im Zuge ihrer Doktorarbeit am IMBA, wo sie in der Gruppe von Daniel Gerlich die Dynamik von ESCRT-II-Polymeren untersuchte.  ESCRT steht für „Endosomal Sorting Complex Required for Transport“, einem Proteinkomplex, der unter anderem bei der Abschnürung zweier Tochterzellen im Zuge der Zellteilung eine wichtige Rolle spielt. Dabei bildet das Protein filamentöse Polymere aus, die die Zellmembran deformieren und spalten. Im Experiment zeigte sich eine überraschend hohe Dynamik der Polymere, deren Untereinheiten um zwei Größenordnungen schneller ausgetauscht werden, als das globale Wachstum der Polymere selbst vor sich geht.


Der PhD-Preis im Bereich der angewandten Forschung wird von der Firma THP Medical Products gesponsert. Er ging an Alexandra Perras, die sich an der Medizinischen Universität Graz – astrobiologisch motiviert – mit Archaeen beschäftigt, die in ungewöhnlichen Habitaten vorkommen. In kalten sulfidischen Quellen wurde beispielsweise eine Art gefunden, die spezielle Fortsätze an der Zelloberfläche (sogenannte Hami) aufweist. Perras konnte zeigen, dass diese Fortsätze durch ein einziges, mit den S-Layer-Proteinen strukturell verwandtes Protein gebildet werden und identifizierte das dafür codierende Gen. Die an den Mikroorganismen gefundenen Strukturen wären aufgrund ihrer Eigenschaften (hohe Stabilität, Flexibilität und Adhäsion) höchst interessant für nanotechnologische Anwendungen.

Original Kolumne 7/2017